August Corrodi

1826 – 1885

Mir wird sehr bänglich, Liebste, zu beachten,

Wie oft, wenn zu bedeuten mir ein Sündchen

Belehrend ernst du faltetest das Mündchen, -

Frevle Begierden sich in mir entfachten,

 

Behaglich stumm dein Eifern zu betrachten,

Mit argem Wunsch, es klänge noch ein stündchen!

Doch soll ich redlich dir gestehn die Gründchen,

Die meine Andacht stets zu Falle brachten:

 

Das war, es klang so dämmernd deine Stimme,

So süß verhüllt, wie ferner Orgelton,

daß lauschend ich vergaß das Werk der Buße.

 

Und, Frevel krönend, wußte gar der Schlimme,

Daß nach der Predigt – Absolution

Der Sünder stets erhielt in süßem Kusse.

 

 

 

 

 

 

 

August Corrodi

1826 – 1885

Da rauschen um mich der Gesellschaft Wogen,

Sie sind so eben recht in vollem Gange;

Wie gleißend schlängelt des Gespräches Schlange

Hindurch die glatten, tückischweichen Bogen.

 

Wie wird so fein, so graciös gelogen!

O Gott, mich schauert ob dem wirren Klange.

Mir wird in den Gewühl so heiß, so bange,

Als wär’ von schwerem Zauber ich umzogen.

 

Mir ist, als lauschtest heimlich du herein,

Als ständest einsam draußen du im Garten,

Als wolltest du im stillen Sternenschein

 

Dein banges Kind zu treuem Kuß erwarten ...

Und ich muß fröhlich sein, muß lachen, scherzen,

mit tiefster, tollster Heimwehqual im Herzen! -